Klage / Rückruf Implantate

Ich möchte Euch die derzeitige Rechtslage darlegen zu diesem Thema:

In Deutschland gibt es – entgegen landläufiger Meinung – zumindest für unseren Bedarf KEINE Sammelklage (es gibt diese z.B. für Finanzanleger).

Es gibt den Weg der Musterfeststellungsklage! Eine Musterfeststellungsklage wird von einem Verbraucherschutzbund für mindestens 10 Betroffene – oder mehr – gegen den selben Beklagten geführt und die Kosten werden vom Verbraucherschutzbund getragen.

Ist die Klage eingereicht, kann man sich in einem Klageregister auch noch nachträglich registrieren lassen, um die Verjährung zu hemmen bzw. zu unterbrechen. Das Urteil dieser Musterfeststellungsklage ist bindend für die registrierten Beteiligten, was die eigene Klage dann betrifft (Erklärung weiter hinten).

In einer solchen Musterfeststellungsklage wird nur ausgeurteilt, ob grundsätzlich z.B. ein Schadensersatzanspruch besteht. D.h. es wird nur über die Rechtsgrundlage entschieden.

Sobald über diese Klage entschieden ist, muss JEDE EINZELNE Frau selbst, also allein für sich, klagen. Es muss jede für sich allein beweisen und erstreiten, inwieweit sie geschädigt ist und ihren Schadensersatzanspruch erstreiten. Wir sind beweisbelastet, d.h. wir müssen beweisen, ob und inwiefern uns das Silikon krank gemacht hat. Für uns mag das einleuchtend und logisch klingen, aber es zu BEWEISEN, ist sehr schwierig. Gesunder Menschenverstand reicht da leider nicht aus. Die KOSTEN für diesen eigenen Rechtsstreit trägt jede Frau SELBST und damit auch das Prozessrisiko. Ohne Rechtsschutzversicherung bzw. gutes finanzielles Polster, würde ich es nicht wagen.

Eine Musterfeststellungsklage vom Verbraucherschutzbund ist derzeit noch nicht eingereicht und macht nach Meinung von Patientenanwalt Chr. Zierhut auch wenig Sinn. Gemeinsam mit dem Verein Risiken von Silikonimplantaten e.V. haben wir ihn zum Thema Klagemöglichkeiten gegen Implantathersteller interviewt.

Im Gespräch zeigt Rechtsanwalt Zierhut die Klagemöglichkeiten bzw. -aussichten gegen Implantathersteller auf. Gibt es die „Sammelklage“, was ist eine Musterfeststellungsklage und können ggf. betroffene Frauen gebündelt über den Verein gegen Hersteller vorgehen? Wie schätzt er die Erfolgsaussichten ein? Was machen Betroffene ohne Rechtsschutzversicherung? Herr RA Zierhut vertritt bereits 50 Betroffene gegen Allergan. Zwei seiner Mandantinnen haben die Diagnose BIA-ALCL, eine davon trägt Implantate des Herstellers Polytech. Er rät derzeit, die im 1. Halbjahr ausstehenden Urteile abzuwarten.
Hör rein und informiere Dich.

Interview mit Rechtsanwalt Zierhut, München, Dezember 2020

Wir möchten hier zu einer weiteren, sehr erfahrenen Medizinrechtlerin verlinken, die bereits ebenfalls einige Betroffene gegen Implanthersteller vertritt. Sie ist tief im Thema und kann von uns empfohlen werden!

Rechtsanwältin für Medizinrecht, Meike Bohn, Aachen